Mit dem Prix Lumière wollen wir das Bewusstsein für gute Lichtgestaltung steigern und prämieren daher zum nunmehr 7. Mal aussergewöhnliche Leistungen im schweizerischen Berufsumfeld der Lichtgestaltung.
Von insgesamt 38 Wettbewerbseinreichungen wurden 10 Projekte von der Jury vor Ort besichtigt und begutachtet. Die Preissumme von CHF 15.000 wurden auf drei Preisträgerinnen und Preisträger gleichmässig verteilt.
Siegerprojekte 2023
Biozentrum der Universität Basel
Von Licht Kunst Licht: Andreas Schulz mit Tanja Baum und Benjamin Dorff
Laudatio
LichtKunstLicht und Basel, das scheint eine grenzüberschreitende Leidenschaft zu sein. Nicht das erste Mal gewinnen die Lichtgestalter und Lichtplaner aus Bonn und Berlin einen Prix Lumières. Andreas Schulz mit Tanja Baum und Benjamin Dorff und ihrem Team waren für die Umsetzung der Beleuchtung im Biozentrum der Universität Basel verantwortlich.
Gleichwohl der Bau für Forschung und Lehre errichtet wurde, ist er weit mehr als ein reines Lehrgebäude, vielmehr betreten wir einen Tempel der Bildung und Innovation. Folgerichtig haben die Architekten Andreas Ilg und Marcel Santer aus Zürich zusammen mit Licht Kunst Licht für das Gebäude die funktionale und sehr formschöne Leuchte Torus gestaltet. Die wird von der in Basel ansässigen Firma Regent produziert und kommt im Biozentrum erstmals zur charakteristischen Anwendung. Die Leuchte verbindet das klare transparente Volumen mit vorzüglichen technischen Eigenschaften zur direkten und indirekten Beleuchtung, die unabhängig voneinander steuerbar sind und daher verschiedene funktionale und individuelle Einstellungen ermöglichen.
Das offene und aufwendig gestaltete Foyer mit dem strengen Raster der weit geöffneten Fassaden erzeugt Ein- und Durchsichten über mehrere Etagen. Seine Lebendigkeit resultiert aus dem Spiel der weissen Stuckaturen mit dem Tages- und Kunstlicht. Dabei unterstützt das Kunstlicht mit einer Kombination aus diffusen und direkt strahlenden Komponenten, um verschiedene Funktionen und Stimmungen zu ermöglichen. Dieses Konzept und seine technische und gestalterische Umsetzung hilft dem Foyer eine Grosszügigkeit zu atmen ohne akzentuierte Ausleuchtungen dafür aufzugeben. 900 Studierende und 400 Forschende finden in dem 19-stöckigen High-Tech Bau Hörsäle, eine Bibliothek, innovative Unterrichts- und Seminarräume, ambitionierte Forschungsinfrastrukturen, Büroräume und eine öffentlich zugängliche Cafeteria. All diese verschiedenen Nutzungen sind mit einer Beleuchtung ausgestattet, welche die jeweiligen Funktionen in verschiedenen Szenarien durch die jeweilige Steuerung und das Spiel der Komponenten unterstützt. In den Arbeitsräumen der Forschenden und den Laboratorien besticht das Beleuchtungskonzept durch seine Flexibilität: individuelle Steuerungen und damit Anpassungsfähigkeit an die Raumnutzung sowie ausgeprägte Funktionalität gehen hier Hand in Hand.
Das Beleuchtungskonzept und seine Ausführung haben die Jury insbesondere dadurch überzeugt, dass Licht und Architektur in einem derart vielschichtig genutzten Bau nahezu überall eine ästhetisch und technisch überzeugende Einheit bilden, wie wir sie selten vorfinden. Dafür gebührt der Arbeit der Lichtgestalterinnen und Lichtgestalter von Licht Kunst Licht einer von dreien Prix Lumière.
Pont de Chauderon – Une traversée, Lausanne
Von Lumière Electrique: Marie Bürgisser, Laurent Junod, Cécile Klaus, Clémence Serez, Wendy Tokuoka
Laudatio
Dieser zunächst unscheinbare Bau im Herzen von Lausanne wurde im Zusammenhang mit der Restaurierung eines denkmalgeschützten Kunstwerks restauriert. Es handelt sich um eine der zahlreichen vertikalen Verbindungen, die dem Stadtbild entsprechen. Nachts wirken sie als Orientierungspunkte auf der Ebene des Viertels und der Stadt. Eine besondere Beleuchtung unterstreicht ihre Sichtbarkeit.
Das Projekt ist eine eigentliche Fussgängerverbindung zwischen zwei verschiedenen Niveaus; sie soll die Bewegung innerhalb der besonderen Morphologie von Lausanne erleichtern. Die über Treppenstufen erschlossene Unterführung ist durch räumliche und lichttechnische Sequenzen rhythmisiert, die künstliches und natürliches Licht aus den Durchbrüchen nach aussen kombinieren. Der Weg im Inneren wird über differenzierte Ebenen und Lichteffekten geführt.
Die Lichtempfindungen beim Hinauf- und Hinuntergehen sind unterschiedlich. Bei Einbruch der Dunkelheit begleitet ein beruhigendes, warmes Licht den Fussgänger. Die Beleuchtung ist kaum wahrnehmbar und erhellt den Ort gleichwohl, indem die Oberflächen und Materialien sanft angestrahlt werden. Der Übergang zwischen dem Strassenraum und dem Inneren des Bauwerks erfolgt durch eine diskrete Beleuchtung der Schwellen.
Insgesamt wurde das Lichtprojekt mithilfe von drei Arten von Lichtquellen gelöst. Angesichts der Bedeutung des Bauwerks für das kulturelle Erbe der Stadt wurde der Integration des Lichts in die Architektur besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Kleine Scheinwerfer, die an der Fassade eines der angrenzenden Gebäude und an zwei Masten angebracht sind, beleuchten den oberen und unteren Zugang.
Wallwasher, Wallgrazer, heben die restaurierten vertikalen Oberflächen in ihrem ursprünglichen Zustand hervor und erzeugen gleichzeitig eine allgemeine Beleuchtung der Plattformen und Podeste. Schliesslich beleuchten linear angeordnete LED die Unterseiten der Treppen indirekt.
Um auf die diskontinuierliche und variable Exposition von Tageslicht zu reagieren, sind die Leuchten in Dali und mit tageslichtabhängigen Sensoren gesteuert. Das künstliche Licht variiert so im Laufe des Tages und der verschiedenen Jahreszeiten.
Dieses Projekt verbindet Licht und Kunst auf subtile und zarte Weise. Von einer schwierigen und unsicheren Passage, die die Lausanner und vor allem die Lausannerinnen nach Einbruch der Dunkelheit mieden, verbindet nun eine angenehme und poetische zwei Teile der Stadt. Dieses Projekt von Lumière Electrique verwandelt mittels Kreativität einen Ort der Unsicherheit in einen der Austausch und Respekt symbolisiert und die Stadt Lausanne dazu anregt, diese Bemühungen fortzusetzen.
Beleuchtung Mühlesaal der Klosterinsel Rheinau
Von Michael Josef Heusi
Laudatio
Wo bis Anfang des 18. Jahrhunderts Getreide gelagert wurde, errichtete das Kloster Rheinau anstelle eines Mühlengebäudes den über zwei Geschosshöhen und 250m² grossen barocken Mühlesaal. Der war mit Zwischengeschossen während seiner säkularisierten Phase bis ins Jahr 2000 Teil der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt. Danach wurde das Areal inklusive des Mühlesaals als ein Herzstück des Ensembles aufwendig mit kantonalen Mitteln saniert. Mittlerweile beherbergt die Klosterinsel ein stiftungsfinanziertes Musikzentrum, Gastronomie, eine katholische Schwesternschaft und dient als Veranstaltungsort für Festlichkeiten und Seminare.
Der 7 Meter hohe Saal mit seinen mächtigen Fenstern und markanten Occuli stellt für jede lichtgestalterische Intervention eine Herausforderung dar. Seine schiere Grösse ist angesichts der verschiedenen Nutzungen für Konzerte, Hochzeitsbankette, Seminare, Geschäftsanlässe, Konferenzen und viele weitere Events Segen und Bürde zugleich. Der Lichtgestalter Michael Josef Heusi hat für diese Herausforderung eine gleichermassen poetische wie funktionale Lösung gefunden, welche die Jury einhellig begeisterte. Er hat 291 gläserne kopfgrosse Perlen gestaltet, die von der Luzerner Moos Licht AG zusammen mit der tschechischen Glasmanufaktur Ajetoglas als Sonderleuchten hergestellt wurden. Lediglich 100 Perlen sind mit Optik und Leuchtmitteln ausgestattet. Die mundgeblasenen Perlen sind Unikate mit einer irisierenden Oberfläche, die das Licht lebendig reflektiert. Das Zusammenspiel der leuchtenden und nicht leuchtenden Perlen erzeugt eine organische Erscheinung und wirkt bisweilen wie ineinander fliessende Schwärme aus leuchtenden und nicht-leuchtenden Körpern. Gleichwohl beleuchtet die Dali-gesteuerte Anlage mithilfe von 10 vorprogrammierte Szenarien die verschiedenen Nutzungen geradezu ideal – kommt hinzu, dass das Interface sehr einfach zu bedienen ist. Dramatische Schattigkeit für Konzerte und gesellschaftliche Anlässe sowie moderate Schattigkeit für Konferenzen sind ebenso möglich wie akzentuierte Einstellungen für Bankette. Die leuchtenden Perlen sind in Gruppen angeordnet, die sich gegenseitig in der vertikalen und horizontalen durchdringen, dadurch werden sanfte Übergänge in der Dynamik des Lichts erzeugt, in der die einen Körper leuchten, während die andern das Licht an ihren irisierenden Oberflächen reflektieren.
Es wäre von etlichen technischen Finessen und gestalterisch-klugen Umsetzungen zu berichten, die in ihrer Gesamtheit ausserordentlich sind. Insgesamt überzeugte die Jury die Sinnlichkeit und Poesie des lichtgestalterischen und räumlichen Eingriffs von Michael Josef Heusi, weshalb dem Projekt einer von dreien Prix Lumière gehört.